Die Felder

Mit der Zeit wurde sie langsamer. Sie war eher da als Greifengold. Auch wenn sie nicht unbedingt komplett fit war, musste dieser Sprint sein. Sie liebte das Rennen. Sie schaute über das Feld. Man konnte weit sehen. Es wuchs zwar schon Mais, aber dieser hatte noch nicht seinen höchsten Punkt erreicht und mit etwas Anlauf und einem hohen Sprung schaffte sie es, darüber zu schauen. Sie wartete geduldig am Rande des Feldes auf Greifengold. Sie setzte sich. Mit dem Blick zum Feld gewand, den Schweif sorgsam um die Pfoten gelegt bemerkte sie, dass sie ihre Morgenwäsche vergessen hatte. Das könnte warten, war sie der Meinung. Doch im Endeffekt wollte sie eigentlich so nicht von Greifengold gesehen werden. Warum plötzlich? Vorher war es ihr doch ebenfalls egal gewesen, zumindest größtenteils. Sie ignorierte die Tatsache. Schließlich sah ihr Fell eigentlich ordentlich aus, für ihre Verhältnisse. Ganz komplett sauber bekam man es nur mit Wasser, doch sie hasste Wasser. Ihre Ohren waren gespitzt. Ohne jegliche Regung saß sie vor dem Feld und wartete.

Sie hörte Greifengold schon etwas eher kommen, als er wirklich bei ihr war. Auch wenn sie ihre Ohren nicht drehte war er laut genug. Sie war sich sicher, dass sie mindestens genauso laut war wie er, also sagte sie dazu nichts. Sie freute sich über seinen Kommentar. Man muss nur ein bisschen die Ausdauern trainieren, dann geht das auch in einem langsameren Tempo. Sie war wirklich schnell gewesen, aber so schnell wie sie müsste man nicht sein. Sie freute es zwar, aber sie wusste auch, dass das schwierig war.
Sie wartete kurz, bis sein Atem nicht mehr ganz so schnell ging. Giftblüte konnte sich gut vorstellen, wie er etwas Zeit brauchte um wieder rein zu kommen. Sie hatte diese Zeit ja schon gehabt.
Ich denke, es wäre schlauer uns aufzuteilen. Zumindest wenn wir viele wären. Da unser Clan aber eh nicht so groß ist und es verschwendung wäre, wenn etwas übrig bleibt kann man auch zusammen jagen. Den Kommentar - Alleine bin ich etwas besser als im Team, da man sich nicht abstimmen muss - verkniff sie sich. Wenn du allerdings nicht mit mir zusammen jagen willst, dann kannst du aber auch gerne alleine das tun, meinte sie und schaute Greifengold freundlich an. Es war eindeutig entspannter mit ihm, als mit Rabenfeder jagen zu gehen. Oder allgemein auf Patrouille zu gehen.

Sie verkniff sich ein schmunzeln über Greifengolds kurzes stottern. Das war ihm noch nie passiert, soweit sie wusste. Es war irgendwie süß. Süß? Echt jetzt? dachte sie sich. Mit einem kleinen Schwung stand sie auf und nickte dem zweiten Anführer zu. Sie sah kurz seine Augen. Sie schimmerten etwas heller als der Himmel. Sie verglich es mit dem Fluss, wo er an ruhigeren Stellen floss. Nein, das passte auch nicht. Sie drehte sich weg, aber so, dass es nicht unfreundlich wirkte. Sie ging zwischen zwei Maishalmen hindurch und so weit, dass sie Greifengold nicht mehr sehen konnte. Dann wartete sie und lauschte. Sie hörte das Gezwitscher der Lerchen, die allerdings viel zu weit oben am Himmel flogen. Etwas raschelte hinter ihr, doch sie blieb ruhig. Sie drehte sich in die Richtung zum Feldrand. In Greifengolds Richtung. Dann wartete sie auf ihn. Der Wind wehte über dem Feld hinweg und sie spürte auch einen kleinen Windzug, der ihr durch das Fell strich. Es war angenehm. Greifengold verwirrte sie etwas. Sie kam gut mit ihm klar und mochte ihn, aber irgendwie war da etwas anderes.
Sie wusste es selber nicht wirklich.

Sie musste lächeln, als Greifengold leicht fluchte. Sie hörte es bis hier her. Langsam ging sie auf ihn zu. Sie stupste ihn an. Es kam ihr seltsam vor, aber sie konnte ihre Tat nicht rückgängig machen. Sie schaute ihn kurz an. Dann drehte sie sich um und mit leichten Schritten ging sie weiter in das Feld hinein. Sie drehte einen Bogen und hoffte, dass Greifengold es verstehen würde. Sie gab ihm ein Schweifzeichen, dass er am Besten in ihrer Nähe blieb, aber so, dass sie ein Beutetier ihm zujagen konnte.
Sie hörte es rascheln und sah eine Maus geschäftlich an einem etwas knabbern. Genau identifizieren konnte sie es nicht. Sie kauerte sich hin. Vorsichtig lies sie ihren Schweif gerade von ihrem Körper abstehen. Ihr fiel es etwas leichter den Bauch nicht über den ziehen zu lassen, da auch ihre Beine länger waren. Der Wind hatte sich gelegt, oder zumindest hier weiter im Feld bemerkte sie keinen mehr.
Mit vorsichtigen Schritten schlich sie sich an. Natürlich war sie nicht ganz so bedacht wie eine Waldkatze. Schließlich hatte sie das ja nicht ganz so gelernt. Als sie sich nah genug schätzte sprang sie nach vorne und bevor die Maus reagieren konnte wurde sie leicht in die Luft befördert. Sie landete auf dem Rücken und mit einem eiligen haps tötete sie das Beutetier.
Sie hob es auf und schaute sich nach Greifengold um.

Sie blinzelte Greifengold an. Was meinte er genau? Natürlich wollte sie auf Nummer sicher gehen. Du meinscht, wie man eine Mausch in die Luft befördsert? Sie unterdrückte ein belustigtes schnurren, es war schon irgendwie komisch. Die Maus baumelte noch zwischen ihren Zähnen, daher waren ihre Worte nicht ganz deutlich. Sie ließ das Tier fallen und schaute Greifengold sanft an.
Vielleicht etwas zu lange. Etwas von sich selber verwirrt wand sie schnell den Blick ab und suchte eine geeignete Stelle, wo sie die Maus hintun könnte. Schnell hatte sie ein bisschen lockere Erde gefunden und mit ein, zwei Blättern vom Mais bedeckte sie das Beutetier. Sie wand sich wieder Greifengold zu und nickte freundlich. Sie kam wieder langsam zu ihm und wartete jetzt auf die Antwort, ob er das ernst gemeint hätte.

Sie lächelte, als er sie lobte. Es fühlte sich gut an. Und sie ging auch nicht weg, als er näher kam. Ihre Pfoten wühlten im Erdboden. Sie fühlte sich genauso aufgewühlt. Was war da nur los? Sie nickte. Ihr Atem ging irgendwie schwerer. Er machte sie verrückt. Es ist eigentlich ganz einfach, versuchte sie so ruhig wie möglich zu erklären. Du hebelst die Maus eigentlich nur aus. Sie machte es vor. Sie fuhr ihre Krallen aus. Von der Seite holte sie aus, ließ ihre Pfote nach oben wirbeln und schaute dem Staub hinterher, der mitgeflogen war. Sie lächelte Greifengold an. Dann kam sie einen Schritt näher. Seine Wärme war fast schon zu spüren. Giftblüte wusste nicht, was hier los war, was sie hier machte. Aber es fühlte sich richtig an. Dann meinte sie eher flüsternd: Es ist auch schön mit dir zu jagen. Ihr Fell kribbelte angenehm und ihre Krallen konnte sie vor Aufregung kaum in ihren Pfoten halten. Sie wusste, dass das hier eigentlich eine Jagdpatrouille sein sollte.